Dalibor Galić

Über eine Schatzsuche

In der zwischenmenschlichen Kommunikation spielen Fragen und Antworten seit jeher eine große Rolle. Fragen werden in unterschiedlichen Kontexten gestellt. Mal mag man nur wissen wie es einem geht und ein anderes Mal möchte man wissen wie das Universum entstanden ist. Auf den ersten Blick scheint die zweite Frage sehr viel komplexer zu sein als die erste. Ist es tatsächlich so?

Die Frage wie es einem geht scheint sehr einfach zu sein. Und wir begnügen uns auch oft mit der ersten Antwort. Wir sollten uns nicht immer mit der erstbesten Antwort begnügen. Vor allem dann nicht, wenn uns die Person am Herzen liegt. Und auch manchmal dann nicht, wenn wir die Person nicht gut kennen. Wir könnten sonst vielleicht die Gelegenheit verpassen, einen wunderbaren Menschen kennenlernen zu dürfen.

Wir sind Schatzsucher in Sachen Menschlichkeit

Institut Kutschera

Wir sollten uns also nicht mit der ersten Antwort begnügen. Doch was bedeutet das? Wie viele Fragen sollten wir dann stellen? Und fühlt sich das nicht wie ein Verhör für den anderen an? 

Genau das Gegenteil ist der Fall. Mangels Fragen nehmen wir einfach etwas an. Wir sollten viel mehr Fragen stellen um zu erfahren, wie sich unser Gegenüber tatsächlich fühlt und was ihn oder sie wirklich bewegt. Es geht hierbei nicht um bestimmte Frage-Techniken. Vielmehr geht es um aufrichtige Neugier und Liebe gegenüber der anderen Person. Oder um es mit einem Motto vom Institut Kutschera zu sagen: „Wir sind Schatzsucher in Sachen Menschlichkeit“. 

Oft fallen uns die richtigen Fragen nicht immer ein. Das ist aber nicht so schlimm. Aufrichtiges und ehrliches Interesse am Menschen ist ein sehr guter Anfang.

Im letzten Blog habe ich Milton Erickson erwähnt und das nach ihm benannte „Milton-Modell der Sprache“. Diese Sprache ist sehr vage und lässt viel Raum für eigene Erkenntnisse und Interpretationen. Konträr dazu steht das Meta-Modell der Sprache, auch bezeichnet als Tiefenstruktur der Sprache. Da geht es schon mehr ins Detail. Hier gilt es gezielt nachzufragen. 

Dazu ein paar Beispiele:

„ich möchte mehr Liebe“ —> wie genau möchtest du lieben und geliebt werden?

„sie helfen mir nicht“ —> wer ist „sie“?

„alle ärgern mich nur“ —> wirklich alle? wer genau ärgert dich? 

„ich möchte mehr xxx“ —> wie viel mehr? / verglichen mit wem oder was?

„ich muss das tun“ —> warum musst du das tun? / was passiert wenn du es nicht tust?

Wir wollen mit den Fragen wer / wann / was / wie / warum etc. Informationen einholen. Manches Mal bewerten wir zu rasch oder treffen Annahmen, welche sich dann als nicht richtig oder als unzureichend herausstellen. Daher einfach mal etwas genauer nachfragen. In diesem Zuge geben sich die Befragten die Antworten manchmal selbst. Wir müssen dann gar nichts mehr tun. Das ist das Schöne an aufrichtigen Fragen. 

Natürlich gibt es noch sehr viel mehr mögliche Situationen und Fragen. Und das meiste davon kennen wir auch. Es ist keine Raketenwissenschaft und auch keine Abhandlung darüber, wie genau das Universum entstanden ist.

Doch wie oft wenden wir es auch an? Dies soll nur eine Anregung sein, uns nicht mit der ersten Antwort zufrieden zu geben. Eine gute Kommunikation sollte aus viel mehr Fragen bestehen, sofern man die andere Person wirklich verstehen möchte. Gerade die nächsten Wochen geben uns eine gute Gelegenheit wieder mehr Fragen zu stellen.

Zum Abschluss hier noch eine meiner Lieblingsfragen: „Wenn eine gute Fee kommen würde und Dir einen Wunsch erfüllen könnte, was wäre das?“ Oder „Was würde passieren, wenn du xxx machen würdest / oder nicht mehr machen würdest?“. Solche Fragen werden „reflexive Fragen“ genannt. Sie erfordern einiges an Denkarbeit und sind mitunter nicht ganz einfach zu beantworten. Manchmal ist die Antwort darauf nicht sehr spezifisch. Z.B. „ich wäre gerne reich oder berühmt“ oder „ich würde nicht mehr arbeiten gehen“. Aber was bedeutet das genau bzw. was genau wären dann die Konsequenzen? 

Mit gezielten Fragen aus dem Meta-Modell der Sprache kann man diesen Antworten auf den Grund gehen. Damit können wir herausfinden und entdecken, was die Person tatsächlich möchte, was sie motiviert und was sie bewegt. 

Ja stimmt, das ist nicht immer ganz einfach und erfordert einiges an Arbeit und Zeit. Darum heißt es ja auch „Schatzsucher“ in Sachen Menschlichkeit.

Photo by Nadjib BR on Unsplash