Wir lieben Ziele. Da sie in der Regel sehr spezifisch sind, können wir uns wunderbar an ihnen orientieren. Ganz eifrige unter uns haben sogar SMARTe Ziele. Oft helfen uns Ziele bestimmte Ergebnisse oder Veränderungen zu erzielen. Doch Ziele helfen nicht in allen Lebenslagen. Oft können Ziele sogar kontraproduktiv sein; z.B. wenn man ein zu niedrig gewähltes Ziel erreicht – was ist dann bzw. was kommt danach? Aber auch wenn man hoch gesteckte Ziele erreicht, fallen manche Menschen danach in ein tiefes Loch, weil es nachher anscheinend nichts mehr zu erreichen gibt. Es gibt dafür genügend Beispiele in der Kunst- und Sportwelt und in anderen Bereichen.
Vorsicht vor zu niedrig gewählten Zielen – wir könnten sie erreichen
Doch was könnte eine Alternative zu Zielen sein? Viele Menschen sind bestrebt, sich zu verbessern und bestimmte Ergebnisse zu erreichen. Brauchen wir dafür nicht Ziele? Die eindeutige Antwort dazu lautet: Jein.
Unsere Identität formt unsere Gewohnheiten und unsere Gewohnheiten formen unsere Identität
Ziele machen Sinn, um gewissen Meilensteine benennen und fassbar machen zu können. Meist streben wir damit eine Veränderung oder Verbesserung unseres eigenen Ichs bzw. unserer eigenen Identität an. Und unsere Identität formt unsere Gewohnheiten und unsere Gewohnheiten formen unsere Identität. Das bedeutet, dass wir im Grunde eine Veränderung und Verbesserung unserer Gewohnheiten anstreben. Frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel.
In diesem Blog möchte ich ein Buch vorstellen: Atomic Habits von James Clear.
Wie der Name vermuten lässt, geht es in diesem Buch nicht um eine Veränderung über Nacht, sondern vielmehr um die Etablierung von ganz kleinen Gewohnheiten und damit einer Änderung unserer Lebensweise. Eine der Kernaussagen ist die 1%-Regel (das ist auch im Namen der deutschsprachigen Ausgabe verankert): wenn wir unsere Gewohnheiten in einem bestimmten Gebiet pro Tag um nur 1% verbessern, erreichen wir aufs Jahr gesehen eine 37-fache Steigerung. Ein unglaublich hoher Faktor, trotz der nahezu lächerlich wirkenden Zahl von 1% Verbesserung pro Tag.
Erfolg ist kein spezifisches Ziel, sondern vielmehr ein System zur kontinuierlichen Verbesserung und ein endloser Prozess der Tag für Tag verfeinert wird
Darin versteckt sich aber auch die Tatsache, dass dies nur gelingt, wenn wir uns wirklich täglich mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen. Kleine Schritte, dafür aber sehr konstante Schritte. Erfolg ist demnach kein spezifisches Ziel, sondern vielmehr ein System zur kontinuierlichen Verbesserung und ein endloser Prozess der Tag für Tag verfeinert wird.
Wie können wir nun diese 1%-Verbesserung pro Tag erreichen? Und wie können wir unsere Gewohnheiten nachhaltig verändern und verbessern? Im Grunde geht es darum, neue positive Gewohnheiten aufbauen und negative Gewohnheiten Stück für Stück abzubauen. Hierzu beschreibt James Clear die vier Gesetze:
Gute Gewohnheiten aufbauen | Beispiele |
1. Sichtbar machen | Gepackte Trainingstasche vorm Bett, Obstschüssel am Esstisch, Vision Board an einem prominentem Ort in der Wohnung |
2. Attraktiv machen | neue Gewohnheit an bestehende knüpfen: Netflix am Ergometer oder Laufband schauen |
3. Einfach machen | in den Alltag einbauen, kleine Schritte: nur 2 Liegestütze anstatt 10, nur 5min Klavier üben, Gewohnheit zuerst etablieren und erst dann moderat steigern |
4. Befriedigend machen | Erfolge visualisieren, am Kalender abhaken, bei Erreichen von Milestones sich belohnen, z.B. neues Kleidungsstück |
Schlechte Gewohnheiten abbauen | Beispiele |
1. Unsichtbar machen | Süßigkeiten „verstecken“, ausschließlich am Tisch essen und nicht auf Couch oä., kein TV im Schlafzimmer |
2. Unattraktiv machen | Schlechte Gewohnheiten penibel notieren und sich dessen bewusst werden |
3. Schwer machen | Nichts Süßes im Haus haben, „Vertrag“ mit nahestehenden Personen schließen inkl. „Strafzahlung“ oä. vereinbaren |
4. Unbefriedigend machen | 1x Training auslassen ist vollkommen ok, 2x auslassen nicht ok da sonst wieder daraus neg. Gewohnheit werden kann |
Diese Veränderungen geschehen nicht über Nacht, sie erfordern vielmehr ein hohes Durchhaltevermögen. Darum sollte man anfangs die neuen Gewohnheiten auch sehr klein und einfach halten, um eine Überforderung zu vermeiden. Es kann sein, dass man sehr lange nichts bemerkt und nach einiger Zeit stellt sich der Erfolg dann scheinbar doch über Nacht ein. Wichtig ist, dass man dran bleibt und die neuen, positiven Gewohnheiten Tag für Tag lebt.
Wichtig ist es, sich vor allem eine Frage stellen: „Wer möchte ich sein?“. Wenn man für sich diese Frage beantwortet hat, kann man danach handeln und diese neue Identität sich selbst mit Mini-Schritten beweisen und jeden Tag leben.
Das Buch ist hier im englischen Original und hier auf deutsch verfügbar.
one more thing…
Die Frage „Wer möchte ich sein?“ für sich zu beantworten kann zugegebenermaßen eine sehr große Herausforderung sein. Ich schließe mich hier selbst nicht aus.
An dieser Stelle darf ich Euch dazu einen sehr inspirierenden und wunderbaren Vortrag von Sir Ken Robinson empfehlen: Finding Your Element.